Barrierefreiheit
Übersicht
- Was ist Barrierefreiheit?
- Auf welcher Grundlage steht die Forderung nach Barrierefreiheit?
- Barrierefreiheit - großer Aufwand für Minderheiten?
- Zielgruppen , Handicaps und Unterstützungsmöglichkeiten
- Prinzipien der Barrierfreiheit von Internetauftritten
- Umsetzung und Qualitätssicherung
- Weiterführende Informationen (extern)
- Downloadangebote Qualitätssicherung und Testmöglichkeiten (extern)
Was ist Barrierefreiheit?
"Barrierefreiheit bedeutet die uneingeschränkte Nutzung von Gegenständen, Gebrauchsgütern, Objekten und Informationen durch alle Menschen über den selben Zugangsweg." (Wikipedia)
Die englischsprachige Bezeichnung "Accessibility" steht für "Zugänglichkeit"
Ihren Ursprung hat dieser Ansatz in der Architektur (z.B. Fahrstuhle / Treppenlifte und Rampen für Rollstuhlfahrer und wird seit Mitte der 90er Jahre auch auf Textproduktionen (Behörden- und Verwaltungssprache, Bedienungs- und Gebrauchsanweisungen und Prüfungstexte), Software und Webdesign übertragen.
Auf welcher Grundlage steht die Forderung nach Barrierefreiheit?
Grundlage für Barrierefreiheit von Internetauftritten ist die Standardisierung des Internets im Rahmen des 1994 gegründeten World Wide Web Consortium (W3C), das sich mit Unterabteilungen u.a. auch mit Normen für barrierefreien Zugang befaßt. Die Web Accessibility Initiative (WAI) erarbeitete die Richtlinien:
- Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)
- Authoring Tools Accessibility (ATAG)
- User Agent Accessibility Guidelines (UAAG)
- XML Accessibility Guidelines (XAG)
Die WCAG-Richtlinien wurden 1999 als W3C-Empfehlung verabschiedet, umfasst 3 Konformitätsniveaus und wird derzeit überarbeitet.
In Deutschland wurden folgende, u.a. für die Barrierefreiheit relavante gesetzliche Grundlagen erlassen:
- Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) vom 1.5.2002; gültig für Bundesbehörden und Behörden, die Bundesrecht ausüben
- Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) als praktische Umsetzung des BGG mit 2 Prioritätsstufen (abgeleitet aus von den Richtlinien der WAI); gültig für Bundesbehörden und Behörden, die Bundesrecht ausüben
- Landesgleichstellungsgesetze; gültig für Landesbehörden, Kommunen, Städte und öffentliche Einrichtungen; In Sachsen-Anhalt am 21.11.2001 verabschiedet, regelt aber keine Umsetzungsvorgaben für Internetseiten und daher keine rechtliche Verpflichtung. Die Staatskanzlei / der Behindertenbeauftragte des LSA empfiehlt die barrierefreie Umsetzung entsprechend BITV, wobei eine gesetzliche Verankerung in dieser Legislaturperiode geplant ist (bis 2010)
Im Rahmen der Zielvereinbarungen mit dem Land Sachsen-Anhalt ist die Universität aufgefordert, für einen barrierefreien Zugang zu Informationstechnologien zu sorgen.
Barrierefreiheit - großer Aufwand für Minderheiten?
- Menschen mit Behinderung in Deutschland: ca. 8 Millionen (lt. Stat. Bundesamt 2003)
- ca. 155.000 Blinde, ca. 500.000 (stark) Sehbehinderte (DBCV 2006)
- insgesamt 10% der Bevölkerung mit Behinderungen
nach einer Microsoft-Studie sind haben Computernutzer folgende kommunikative Einschränkungen:
- Sehprobleme: 9 % stark, 17 % leicht
- Feinmotorik: 5% stark, 19 % leicht
- Hör-Sprachprobleme: 2 % stark, 18 % leicht
- kognitive Einschränkungen: 16%
ca. 60% der Erwerbstätigen profitieren von Barrierefreiheit.
Umfrage „Internet für alle“ (BMWi 2002)
- Menschen mit Behinderung nutzen das Internet häufiger als Nicht-Behinderte
- 93% sehen im Internet neue Chancen für Menschen mit Behinderung
- Hauptprobleme: schlechte Lesbarkeit und Navigation, schlechte Zugänglichkeit trotz spezieller Hilfsmittel
Zielgruppen , Handicaps und Unterstützungsmöglichkeiten
- ältere Menschen (sog. Silversurfer)
- Menschen mit Sehbehinderung
- Menschen mit Hör-Sprach-Behinderung
- Menschen mit kognitiven Einschränkungen
- Menschen mit motorischen Einschränkungen
- nicht-behinderte Menschen
Hilfsmittel bei Sehbehinderungen
- für Blinde und hochgradig Sehbehinderte: Vorlese-Programme (Screenreader) und Textbrowser für Braille-Ausgabe
- bei geringer Sehbehinderung: Bildschirmlupen, Vergrößerungsprogramme
- Inhalte von Videos, Bilder, Diagramme u.Ä. in Textform beschreiben
Probleme bei Hör-Sprach-Behinderung
- Probleme mit Geräusch-Wahrnehmung
- Probleme mit Text-Verständnis
- geringer Wortschatz (Deutsch ist praktisch Fremdsprache)
- Sinn-Zusammenhänge werden nur schwer erfasst
- Scheitern an Sprachbarrieren
Probleme bei kognitiven Einschränkungen
- Lernschwierigkeiten
- u.U. geringe Merkfähigkeit
- u.U. gestörtes räumliches Vorstellungsvermögen
- Scheitern an Sprachbarrieren
Unterstützung durch:
- kurze, verständliche Sätze und Sinneinheiten
- keine Schachtel-Sätze
- einfache Sprache
Probleme bei motorischen Einschränkungen
- alle Bewegungseinschränkungen auch temporärer Art (Armbruch...)
- Umgang mit Eingabegeräten (Maus, Tastatur)
- gezieltes Navigieren und Klicken
- gleichzeitiges Drücken mehrerer Tasten erschwert oder unmöglich
Unterstützung durch
- Klick-Flächen müssen groß (genug) sein
- Abstände zwischen Links müssen groß (genug) sein
Prinzipien der Barrierfreiheit von Internetauftritten
Barrierefreiheit ist ein Teil der Usability. Prinzipien sind:
- Wahrnehmbarkeit, d.h. Inhalte und Funktionen können von allen Benutzern wahrgenommen werden (auch ohne Seh- oder Hörvermögen)
- Bedienbarkeit, d.h. Navigation muss ohne Maus möglich sein (per Joystick, Tastatur, Kopf- oder Zungenmaus)
- Navigierbarkeit, d.h. übersichtlich und efffektive Navigation
- Verständlichkeit; d.h. alle Elemente sind verständlich formuliert / beschrieben
Barrierefreiheit des universitären Internetauftrittes wird durch den Funktionszusammenhang realisiert zu:
- 85% durch das Design, d.h. durch das Layout, die Farben, Schriftarten, Schriftgrößen, Größen und Abstände von Links und letztlich die Qualitätä der HTML-Vorlagen, die das Design umsetzen
- 10% programmiertechnische Voraussetzungen / Anpassungen des Web-Content-Management-Systemes als technische Plattform für den universitären Internetauftritt
- 5% Redaktion, d.h. die Qualität der Inhalte, deren Struktur, die Qualität der Navigationsstruktur zur Erschließung der Informationsangebote
Umsetzung und Qualitätssicherung
Die Forderungen der BITV sind - da sie als gesetzliche Vorgabe für längere Zeiträume gültig sein müssen - recht prinzipieller Art und müssen daher in Abhängigkeit vom aktuellen Stand der Technik jeweils konkret umgesetzt werden. Auftraggeber und Auftragnehmer bei Projekten zur barrierefreien Gestaltung sollte sich immer im Detail abstimmen und - zur gegenseitigen Absicherung vor überzogenen Forderungen bzw. unzureichender Leistungserbringung - externen Sachverstand einbeziehen. Typische Missverständniss sind, dass es reicht, Schriftgrößenveränderungen zu ermöglichen, parallel zur normalen Website eine vereinfachte Textversion bereitzustellen oder nur einen sauberen Quellcode gemäß W3C-Konventionen abzuliefern. Empfehlenswert ist die Berücksichtigung nachstehender Aspekte:
Umsetzung durch:
- Design-Agentur und / oder
- Programmierer mit entsprechenden Referenzen
- Ausschreibung mit „Barrierefreiheit entsprechend BITV“
- externer Fachberater für Barrierefreiheit
Qualitätssicherung extern
- Berater als Mittler zwischen Auftraggeber und Agentur
- schützt Auftraggeber vor fehlerhafter Umsetzung
- schützt Agentur vor „unsinnigen“ Forderungen
- fungiert als neutraler Gutachter
Qualitätssicherung intern
- Mitarbeiter- / Redakteursschulungen für Barrierefreiheit
- permanente Überprüfung der Website
Weiterführende Informationen (extern)
Downloadangebote Qualitätssicherung und Testmöglichkeiten (extern)
Quellennachweis: Der Kurzüberblick zur Barrierefreiheit beruht auf einem Vortrag von Herrn Christian Günther von der Forschungsstelle zur Rehabilitaton von Menschen mit kommunikativen Behinderungen (FST) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg anläßlich einer Pressesprechertagung im Mai 2007.
Die Linkliste "weiterführende Informationen" und "Downloadangebote" ist der Broschüre Barrierefreiheit elektronischer Medien" von Prof. Christa Schlenker-Schulte und Christian Günther (FST) entnommen.